Freitag, 17. Dezember 2010

Dachformen


So unterschiedlich Häuser aus verschiedenen Weltgegenden und aus verschiedenen Zeitaltern auch von der Architektur sein können, bei genauem Hinsehen gibt es bei den Dächer eigentlich nur einige wenige Grundformen, die immer wieder auftauchen und meist seit undenklichen Zeiten verwendet werden. Soweit Dachform und -neigung nicht bereits im Bebauungsplan vorgeschrieben sind, hat man als angehender Bauherr einmal mehr die Qual der Wahl, wenn es darum geht, unter was für ein Dach das künftige Nest für die Familie kommen soll.

Sieht man sich die üblichen Dachformen, einmal genauer an, kann man sich recht gut ausmalen, aus was für Erfahrungen und Überlegungen heraus sie wohl entstanden sein müssen. Eine sehr naheliegende Dachform ist das Flachdach. Vier gleich hohe Wände oder in warmen Gegenden vielleicht auch nur Pfosten lassen sich am einfachsten mit einem flachen Dach überdecken.

 Wasser sollte ablaufen können
Leider währt die Freude an einer solchen einfachen Dachkonstruktion lediglich bis zum nächsten Regen: Wenn das Flachdach nicht wirklich dicht ist, tropft es durch. Das liegt daran, dass das Wasser von ihm nicht abläuft, sondern vor allem in Vertiefungen stehen bleibt, die sich nie ganz vermeiden lassen. Mit im Wald zusammengeklaubten steinzeitlichen Baumaterialien bekommt man so ein Dach natürlich nie dicht, aber auch heute können viele Besitzer von Häusern mit Flachdächern ein Leid von Ärger und teuren Reparaturen singen. Bei traditionellen Häusern findet man Flachdächer daher auch nur in trockenen Gegenden, wo es sehr selten regnet und das Dach in erster Linie als Schattenspender und gegebenenfalls als Schutz gegen (nächtliche) Kälte dient.

In Gegenden mit regelmäßigen Regenfällen macht man sein Dach also ein wenig schräg, so dass das Wasser ablaufen kann. Legt man das Material für die Eindeckung, etwa große Blätter oder Rindenstücke dann so auf, wie man auch heute noch Dachziegel und Dachschindeln verlegt, bleibt es unter dem Dach trocken, auch ohne dass dieses wirklich dicht sein muss! Damit ist dann auch schon das Pultdach geboren.

Das Satteldach
Ein Pultdach lässt zwar das Wasser ablaufen, bewirkt aber, dass die eine Seitenwand höher ist als die andere. Vermutlich weil das dem Wind mehr Angriffsfläche bietet oder auch, weil der Mensch meist gerne symmetrische Formen hat, kam man darauf, das Dach nach beiden Seiten abfallen zu lassen. Möglicherweise stammt diese Idee aber auch von Hütten oder Zelten, die mit einer Tierhaut oder etwas ähnlichen gedeckt waren, dass einfach über eine Firststange auf zwei Pfosten (oder ganz im Anfang über einen geeigneten waagerechten Ast?) gelegt wurde.

Ein kleines konstruktives Problem bei einem solchen so genannten Satteldach, das nicht aus einem Stück besteht, ist der First: Hier benötigt man ein Bauteil, das die Fuge zwischen den beiden Hälften überwölbt. Vielleicht war der erste „Firstziegel“ ein Stück Rinde von einem nicht allzu dicken Ast? Auf jeden Fall haben Firstziegel auch heute noch diese typische umgedrehte Rinnenform, die sich seit Jahrhunderten, ja wohl sogar seit Jahrtausenden bewährt hat.

Das Walmdach
Ein Haus mit Satteldach bietet nun aber an seinen Giebelseiten dem Wind eine verhältnismäßig große Angriffsfläche. Die kann man vermeiden, wenn man auch den Schmalseiten eines Hauses Dachschrägen anbringt und so das Walmdach erfindet. Vermutlich kam es auf, als die Kunstfertigkeit der frühen Bauhandwerker weit genug entwickelt war: Der Dachstuhl eines Walmdaches stellt mit seinen Schiftern und Gratsparren auch heute noch höhere Anforderungen an das Können des Zimmermanns als der eines Satteldaches.

Diese Dachformen sind verhältnismäßig leicht herzustellen, da sie aus lauter geraden Bauteilen bestehen. Mit der Zeit wurden die Handwerker jedoch immer geschickter und waren irgendwann in der Lage nicht nur geneigte Dächer mit geraden Flächen zu bauen, sondern auch gewölbte. Auch heute noch baut man manchmal Kuppeln oder tonnenförmige Dächer. Bei einfachen Kulturen finden sich solche Formen dagegen nur, wenn sie sich aus der Bauweise ergeben, wie etwa bei einem Iglu und bei weiter entwickelten vor allem bei aufwendigen Gebäuden wie Sakralbauten, Palästen, Rathäusern und dergleichen. Obwohl der Mensch eigentlich solche runden Formen mag, sind sie am Bau nicht so häufig, wohl, weil sie aufwendig und damit teuer sind.

Grenzenlose Baukunst
Selbstverständlich lassen sich verschiedene Dachformen auch kombinieren, zumindest, wenn in einer Kultur die dazu notwendige Handwerkskunst erreicht ist: Ein Walmdach auf der eine Seite und ein Giebel auf der anderen ist genauso machbar wie Dachläden, Gauben, Dachreiter, Zwerchhäuser, Vordächer und Grundrisse die L-, T-, U-Form aufweisen oder ein offenes oder geschlossenes Vieleck um einen Hof bilden.

Mit den Möglichkeiten der modernen Bautechnik und alter Handwerkskunst lassen sich auch heute noch alle Dachformen verwirklichen, die je erfunden wurden. Grenzen setzen hier – abgesehen vom guten Geschmack über den sich ja bekanntlich nicht streiten lässt – lediglich das örtliche Bauamt und natürlich der finanzielle Rahmen, der für einen Neubau zur Verfügung steht.



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